3.1 «Analyse zur Entwicklung einer neuen beruflichen Grundbildung» oder «5-Jahres-Überprüfung»

Der Berufsentwicklungsprozess beginnt mit einer fundierten Analyse: Entweder wird eine neue berufliche Grundbildung initiiert oder eine bestehende im Rahmen der 5-Jahres-Überprüfung auf ihre Aktualität geprüft. Dabei werden Arbeitsmarktbedürfnisse, Lehrstellenangebote und die Positionierung im Bildungssystem sorgfältig bewertet. Ziel ist es, gemeinsam mit den Verbundpartnern den Handlungsbedarf zu klären und mit dem sogenannten Vor-Ticket die Weichen für die nächsten Schritte zu stellen.

Kantone
Ergänzungen und Dokumente der Schweizerischen Berufsbildungsämterkonferenz (SBBK)
Dachorganisationen der Arbeitswelt
Schweizerischer Arbeitgeberverband SAV
Schweizerischer Gewerbeverband SGV

Wenn eine Trägerschaft eine neue berufliche Grundbildung entwickeln will, arbeitet sie eng mit Bund und Kantonen zusammen. Für den Erlass einer beruflichen Grundbildung durch das SBFI muss die Arbeitsmarktfähigkeit der Absolventinnen oder Absolventen gewährleistet sein. Die Entwicklung einer neuen beruflichen Grundbildung ist an eine definierte Ablaufplanung geknüpft.

Die Trägerschaft einer neuen beruflichen Grundbildung vertritt die Branche gesamtschweizerisch. 

Trägerschaft

Bei einer neuen beruflichen Grundbildung vertritt die Trägerschaft die Branche gesamtschweizerisch und die betroffenen Betriebe und Regionen sind in der Trägerschaft vertreten. Wenn sich das Tätigkeitsgebiet der neuen beruflichen Grundbildung mit bestehenden beruflichen Grundbildungen überschneidet, muss die Abgrenzung zur oder Beteiligung der entsprechenden Trägerschaft geprüft werden. Falls sich die Trägerschaften nicht einigen können, helfen die Dachorganisationen der Arbeitgeber und das SBFI mit den entsprechenden Organisationen der Arbeitswelt die Zusammenarbeit oder Abgrenzung zu klären.

Analyse

Bevor mit den Arbeiten für eine neue berufliche Grundbildung begonnen werden kann, müssen grundsätzliche Fragen geklärt sein:

  • Wer übernimmt die Trägerschaft der neuen beruflichen Grundbildung?
  • Ist sich die Trägerschaft der Verantwortung für eine berufliche Grundbildung bewusst und verfügt sie über die notwendigen Ressourcen?
  • Ist das Berufsbild geklärt, entsprechen die Tätigkeiten und das Anforderungsniveau einer beruflichen Grundbildung? Sind die Tätigkeiten gegenüber der höheren Berufsbildung stufengerecht und abgestimmt?
  • Ist der Bedarf des Arbeitsmarktes ausgewiesen, ist eine ausreichende Anzahl Betriebe bereit, die Absolventinnen und Absolventen anzustellen?
  • Ist das Angebot an Lehrstellen sichergestellt, ist eine ausreichende Anzahl Betriebe bereit, Lehrstellen und Berufsbildnerinnen und Berufsbildner zur Verfügung zu stellen?
  • Ist eine klare Abgrenzung der beruflichen Grundbildung zu anderen Berufen und Angeboten der höheren Berufsbildung gegeben und wird diese auch von berufsnahen Trägerschaften gestützt?
  • Sind die Dauer der beruflichen Grundbildung (2-, 3- oder 4-jährige berufliche Grundbildung) und ist beispielsweise die Wahl von Schwerpunkten und Fachrichtungen gerechtfertigt?
  • Besteht Entwicklungspotential zu bereits vorhandenen Weiterbildungsangeboten und Durchlässigkeit zur höheren Berufsbildung?

Planungssitzung

Spätestens nach Klärung der oben aufgeführten Fragen und Abklärungen nimmt die künftige Trägerschaft Kontakt mit dem SBFI auf und organisiert eine Planungssitzung. An dieser nehmen Vertreter und Vertreterinnen der Trägerschaft, der Kantone und des SBFI teil. Ziele der Planungssitzung sind eine erste Auslegeordnung und die Klärung der obengenannten Fragen. Es wird definiert, wo noch weitere Abklärung vor dem Einreichen des Vor-Ticket nötig sind.

Projektorganisation

Die künftige Trägerschaft stellt die Projektorganisation zusammen. Sie besteht aus der Projektleitung und der Steuergruppe. Die Projektleitung organisiert die Arbeiten und führt den Prozess der Berufsentwicklung. Die Steuergruppe stimmt die Bedürfnisse der Verbundpartner aufeinander ab. Sie muss verbundpartnerschaftlich und sprachregional angemessen zusammengesetzt sein und auch Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen Lernorte umfassen. Für die Delegation der Vertreterinnen und Vertreter in die Steuergruppe sind die jeweiligen Verbundpartner verantwortlich.

Vor-Ticket Antrag

Sobald die Analyse abgeschlossen, die Planungssitzung durchgeführt und die Projektorganisation klar ist, reicht die Trägerschaft die Ergebnisse der Analyse sowie die Zusammenstellung der Gegenstände und Eckwerte des neuen Berufes und die diesbezügliche Stellungnahme der Verbundpartner im Antrag auf das Vor-Ticket beim SBFI ein. Mit dem Vor-Ticket beantragt die Trägerschaft zudem den Bundesbeitrag mittels finanzieller Pauschale.

Sollte mit den Entwicklungsarbeiten ein aussergewöhnlich hoher Aufwand verbunden sein, kann über die ordentliche Projektförderung beim SBFI ein Gesuch für eine individuelle Projektfinanzierung eingereicht werden.

Entscheid Vor-Ticket

Das SBFI teilt der Trägerschaft den Entscheid schriftlich mit und stellt die Abstimmung unter den Verbundpartnern sicher. Es behält sich vor, mit dem Vor-Ticket ein Vorbehalt zu nennen, welcher von der Trägerschaft in einer definierten Zeit zu klären ist. 

Mit dem Erteilen des Vor-Tickets setzt das SBFI betroffene Bundesämter und Fachstellen über die bevorstehende Erarbeitung einer neuen beruflichen Grundbildung in Kenntnis. Das SECO und BAFU kontaktieren die Trägerschaft und beraten sie bei Bedarf zu Fragen zum Jugendarbeitsschutz sowie zur nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen.

Neben der Information der Bundesämter wird im Auftrag des Bundes auch das Zentrum für Berufsentwicklung der eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung (EHB) über die Erteilung des Vor-Tickets in Kenntnis gesetzt. Dieses kann die Trägerschaften bei den Umsetzungsarbeiten unterstützen.

Bei der Entwicklung einer neuen beruflichen Grundbildung gehen die Arbeiten mit dem Schritt Qualifikationsprofil weiter.

Kantone
Ergänzungen und Dokumente der Schweizerischen Berufsbildungsämterkonferenz (SBBK)
Dachorganisationen der Arbeitswelt
Schweizerischer Arbeitgeberverband SAV
Schweizerischer Gewerbeverband SGV

Die Kommission B&Q überprüft die berufliche Grundbildung alle 5 Jahre auf ihre Aktualität und Qualität.

Die Kommission B&Q führt die in den Bildungsverordnungen festgelegte, periodische 5-Jahres-Überprüfung durch und überprüft die entsprechende berufliche Grundbildung auf Aktualität und Qualität. Der Start der 5-Jahres-Überprüfung richtet sich nach den Bedürfnissen der jeweiligen beruflichen Grundbildung und der Trägerschaft und kann in Absprache mit den Verbundpartnern zeitlich flexibel gestaltet werden.

Die Rückmeldungen der Verbundpartner sind konsolidiert.

Umfrage und Überprüfungsbericht

Jeder Verbundpartner erstellt für die 5-Jahres-Überprüfung aus seiner Sicht eine Rückmeldung, welche innerhalb der Verbundpartner konsolidiert ist und die Anliegen des jeweiligen Verbundpartners abbildet. Die Anliegen werden durch die delegierten Personen in der Kommission B&Q eingebracht und vertreten:

  • Die Trägerschaft erfasst mitgeeigneten Umfragen (bspw. Fragebogen oder Workshop) die Erfahrungen aus der Umsetzung der Bildungserlasse in den Lehrbetrieben und überbetrieblichen Kursen. Sie holt die Bedürfnisse der Branche ab und erfragt den Arbeitsmarktbedarf. Daraus leitet sie den Handlungsbedarf ab. 
  • Die Kantone sammeln die Umsetzungserfahrungen bei der Lehraufsicht, der Prüfungsorganisationen und den Berufsfachschulen und erstellen daraus eine konsolidierte Rückmeldung, welche die kantonalen Anliegen aus dem Vollzug beinhaltet.
  • Der Bund verfasst eine Stellungnahme zu Themen der Berufsentwicklung, zu weiteren aktuellen Themen aus der Bundesverwaltung und zu regelungsrelevanten Erkenntnissen.

Der Rahmen für eine Revision ist anhand Gegenstände und Eckwerten abgesteckt.

Diese drei Rückmeldungen der Verbundpartner bilden die Grundlage für den Überprüfungsbericht der Trägerschaft. Darin sind alle Anliegen der Verbundpartner zusammengefasst und so aufgearbeitet, dass die Kommission B&Q sie diskutieren kann. Im Überprüfungsbericht begründet die Kommission B&Q, welche Anliegen weiterverfolgt werden und welche nicht. Die festgelegten Massnahmen werden in Form von Gegenständen und Eckwerten der Revision aufgelistet und legen den Rahmen für die bevorstehende Revision fest.

Einigen sich die Verbundpartner in der Kommission B&Q, wird der Überprüfungsbericht in der Kommission B&Q verabschiedet und den Mitgliedern zugestellt. Die delegierten Personen leiten den Überprüfungsbericht an ihre Organisationen weiter. Die Verbundpartner prüfen den von der Kommission B&Q verabschiedeten Überprüfungsbericht und stellen sicher, dass ihre Anliegen ausreichend berücksichtigt wurden.

Wenn sich die Kommission B&Q nicht einigen kann oder ein Verbundpartner weiterhin einen begründeten Einwand hat, können die Verbundpartner eine Einigungssitzung beim SBFI verlangen. In dieser vom SBFI organisierten Sitzung besprechen die delegierenden Organisationen der Verbundpartner die Einwände und einigen sich auf die Gegenstände und Eckwerte der Revision.

Festlegen des Handlungsbedarf

Die Kommission B&Q legt anhand des Überprüfungsberichts und der definierten Gegenstände und Eckwerte den Handlungsbedarf fest und stellt der Trägerschaft einen entsprechenden Antrag. Folgende Empfehlungen durch die Kommission B&Q sind möglich, wobei die Trägerschaft eine Entscheidung treffen muss:

  • Kein Handlungsbedarf.
  • Bedarf an Information und Schulung: Es besteht Bedarf an Informations- und Schulungsmassnahmen.
  • Bedarf an Anpassung der Ausführungsbestimmungen und weiteren Instrumenten: Das Erarbeiten oder Anpassen von Ausführungsbestimmungen und weiteren Instrumenten zur Sicherstellung und Umsetzung der beruflichen Grundbildung sowie zur Förderung der Qualität in der Bildung ist nötig.
  • Teilrevision von Bildungsverordnung und Bildungsplan: Eine Teilrevision ist eine Änderung eines bestehenden Erlasses. Es werden keine wesentlichen Änderungen vorgenommen und die alte Struktur beibehalten. In der Bildungsverordnung sind nur wenige Artikel betroffen und im Bildungsplan nur wenige Inhalte.
  • Totalrevision von Bildungsverordnung und Bildungsplan: Bei einer Totalrevision werden wesentliche Änderungen vorgenommen wie zum Beispiel eine neue Berufsbezeichnung oder zentrale formale Anpassungen. Die Totalrevision erfolgt auf Basis des Leittextes für die Bildungsverordnung und der Leitvorlage für den Bildungsplan. Bei einer Veränderung der Lehrdauer, orientieren sich die Verbundpartner an Kriterien, welche in der entsprechenden Checkliste aufgeführt sind.

Projektorganisation

Die Projektorganisation ist abhängig vom Umfang der Revision. Die Projektorganisation ist auf die Bedürfnisse der Trägerschaft sowie die vorhandenen personellen, strukturellen und finanziellen Ressourcen abzustimmen. Die Trägerschaft bestimmt eine Projektleitung und die Kommission B&Q hat die Funktion einer Steuergruppe. Ergänzt wird die Projektorganisation mit einer berufspädagogischen Begleitung mit Arbeitsgruppen sowie zusätzlichen Fachpersonen. Die Mitglieder in den Arbeitsgruppen werden von den jeweiligen Verbundpartnern delegiert. Vertretungen der Berufsfachschulen erfolgen über den Verbundpartner Kantone. Die Inhalte in der Bildungsverordnung und im Bildungsplan wie auch die Umsetzungsinstrumente werden durch bestehende Gremien oder Arbeitsgruppen überarbeitet.

Der Bundesbeitrag wird mittels Pauschale gewährt.

Vor-Ticket Antrag

Mit dem Vor-Ticket-Antrag reicht die Trägerschaft beim SBFI den Überprüfungsbericht mit den Gegenständen und Eckwerten der Revision und die diesbezügliche Stellungnahme der Verbundpartner und den definierten Handlungsbedarf ein. Mit dem Vor-Ticket beantragt die Trägerschaft zudem den Bundesbeitrag mittels finanzieller Pauschale.

Sollte mit den Entwicklungsarbeiten ein aussergewöhnlich hoher Aufwand verbunden sein, kann über die ordentliche Projektförderung beim SBFI ein Gesuch für eine individuelle Projektfinanzierung eingereicht werden.

Entscheid Vor-Ticket

Das SBFI teilt der Trägerschaft den Entscheid schriftlich mit und stellt die Abstimmung unter den Verbundpartnern sicher. Es behält sich vor, mit dem Vor-Ticket ein Vorbehalt zu nennen, welcher von der Trägerschaft in einer definierten Zeit noch zu klären ist. 

Das SECO und BAFU kontaktieren die Trägerschaft und bieten Beratung an.

Mit dem Erteilen des Vor-Tickets setzt das SBFI betroffene Bundesämter und Fachstellen über die bevorstehende Revision in Kenntnis. Das SECO und BAFU kontaktieren die Trägerschaft und beraten bei Bedarf zu Fragen zum Jugendarbeitsschutz sowie zur nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen.

Neben der Information der Bundesämter wird im Auftrag des Bundes auch das Zentrum für Berufsentwicklung der EHB über die Erteilung des Vor-Tickets in Kenntnis gesetzt. Dieses kann die Trägerschaften bei den Umsetzungsarbeiten unterstützen.

Die eingereichten Gegenstände und Eckwerte bilden den Rahmen für die Revision. Wird im Laufe der Revision ein Eckwert geändert oder hinzugefügt, ist die Änderung in der Kommission B&Q und wenn nötig in einer weiteren Einigungssitzung mit den Verbundpartnern abzusprechen.