1 Berufsentwicklung in der beruflichen Grundbildung
Die Berufsbildung ist eine Verbundaufgabe von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt (OdA). Gemeinsam setzen sich die drei Partner für eine qualitativ hochstehende Berufsbildung ein und streben ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen und Bildungsgängen an. Der Grundsatz der Verbundpartnerschaft und die Zuständigkeiten der Partner sind im Berufsbildungsgesetz und in der Berufsbildungsverordnung geregelt.
1.1 Verbundpartner der beruflichen Grundbildung
Die unterschiedlichen Aufgaben der drei Partner sind klar definiert. Die Organisationen der Arbeitswelt sorgen für Bildungsinhalte und Ausbildungsplätze. Die Kantone sind für die Umsetzung der Aufsicht zuständig und der Bund für die strategische Steuerung und Entwicklung.
Trägerschaften sind entweder Branchen- oder Berufsbildungsverbände.
Organisationen der Arbeitswelt
Als Trägerschaften übernehmen die Organisationen der Arbeitswelt in der Berufsentwicklung die Verantwortung für ihre beruflichen Grundbildungen. Dabei gibt es zwei Arten von Trägerschaften:
- Branchenverbände sind neben der Berufsbildung unter anderem zuständig für Themen wie Sozialpartnerschaft, Arbeitsmarktfragen, Branchenstandards und rechtliche Fragen. Ihre Sicht auf die Branche ist umfassend und hat die Bündelung der Interessen ihrer Mitglieder zum Ziel. Für die Berufsbildung bedeutend ist insbesondere die Bündelung der Unternehmensinteressen, da die Unternehmen Ausbildungsplätze bereitstellen und ausgebildete Fachleute einstellen.
- Berufsbildungsverbände sind speziell für Aufgaben in der Berufsbildung gegründet worden. Hinter den Berufsbildungsverbänden stehen oft Branchenverbände sowie weitere interessierte Organisationen. Berufsbildungsverbände vertreten in erster Linie Bildungsinteressen. Die Branchenverbände hinter den Berufsbildungsverbänden sind für eine klare Aufgabenteilung zuständig. Sie teilen dem Bund schriftlich mit, welche Verantwortlichkeiten sie dem Berufsbildungsverband delegieren.
Die Trägerschaft definiert die Bildungsinhalte und Qualifikationsverfahren.
Die Trägerschaften definieren die Bildungsinhalte und Qualifikationsverfahren einer beruflichen Grundbildung. Sie stellen Antrag auf Erlass der Bildungsverordnung und Prüfung des Bildungsplans. Zusätzlich stellen sie Angebote in der höheren Berufsbildung bereit. Bei der Weiterentwicklung einer beruflichen Grundbildung beteiligen sich sowohl die Trägerschaften als auch die Arbeitnehmerverbände, welche in den Kommissionen für die Berufsentwicklung und Qualität mitwirken.
Die Trägerschaften führen im Auftrag der Kantone überbetriebliche Kurse durch. Zudem schlagen sie den Kantonen Prüfungsexpertinnen und -experten vor und erstellen im Auftrag der Kantone die Prüfungsaufgaben.
Die Unternehmen beteiligen sich freiwillig.
Die Beteiligung der Unternehmen an der Berufsbildung ist grundsätzlich freiwillig. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten stellen sie Ausbildungsplätze für die Bildung in beruflicher Praxis bereit und sichern sich so ihren Nachwuchs. Zudem stellen sie Berufsbildnerinnen und Berufsbildner bereit und tragen die entstehenden Ausbildungskosten. In Branchen oder Kantonen, die über einen Berufsbildungsfonds verfügen, sind die Unternehmen zu Beitragszahlungen verpflichtet. Über die Trägerschaft nehmen die Unternehmen massgeblich Einfluss auf die berufliche Grundbildung und können so unter anderem die Bildungsinhalte mitbestimmen.
Die Kantone sind für den Vollzug verantwortlich.
Kantone
Die Kantone sind die Vollzugsorgane der Berufsbildung. Ihre Tätigkeiten koordinieren sie in der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz (SBBK), einer Fachkonferenz der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK). Die Kantone sorgen für die Umsetzung der beruflichen Grundbildung und finanzieren diese zu einem grossen Teil.
Die Kantone erstellen die Bildungsbewilligungen für die Lehrbetriebe, beauftragen die Berufsfachschulen sowie die Kurszentren für überbetriebliche Kurse und führen die Qualifikationsverfahren durch. Sie haben zudem die Aufsicht über die Lehrverhältnisse und die Lernorte der beruflichen Grundbildung.
Das SBFI ist zuständig für die Regelung und Mitfinanzierung der Berufsbildung.
Bund
Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) ist das Kompetenzzentrum des Bundes für Fragen der Bildungs-, Forschungs- und Innovationspolitik. Das SBFI ist zuständig für die Regelung und die bundesseitige Mitfinanzierung der Berufsbildung. Es entwickelt das Gesamtsystem weiter und unterstützt Projekte zur Entwicklung der Berufsbildung.
Die berufliche Grundbildung hat auch Bezüge zu Themen, welche in der Zuständigkeit anderer Bundesämter liegen: beispielsweise das Fördern von Kompetenzen für die nachhaltige Entwicklung oder den Jugendarbeitsschutz. Das SBFI koordiniert die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Bundesämtern.
1.2 Verbundpartnerschaftliche Zusammenarbeit
Die drei Verbundpartner nehmen die Verantwortung für Berufsentwicklung und Ausbildungsqualität gemeinsam wahr. Sie fördern in ihrem Zuständigkeitsbereich die verbundpartnerschaftliche Grundhaltung der Akteurinnen und Akteure und bilanzieren ihre Zusammenarbeit regelmässig.
Die Kommission B&Q hat eine beratende Funktion gegenüber der Trägerschaft.
Kommissionen für Berufsentwicklung und Qualität
Die Kommissionen für Berufsentwicklung und Qualität (Kommission B&Q) haben eine beratende Funktion gegenüber der Trägerschaft. Die Zusammensetzung und die konkreten Aufgaben einer Kommission sind in der berufsspezifischen Bildungsverordnung festgelegt, dabei sind die drei Verbundpartner gemäss Bildungsverordnung vertreten:
- Trägerschaft: Die Trägerschaft definiert ihre Vertretung selbst. Dabei achtet sie darauf, dass die Geschlechter, Sprachregionen, allfällige Fachrichtungen oder Schwerpunkte und andere relevante Gruppen angemessen vertreten sind.
- Kantone: Die Kantone sowie die Berufsfachschulen delegieren mindestens eine Vertretung, welche die Interessen aller Kantone repräsentiert.
- Bund: Der Bund ist mit mindestens einer Person vertreten.
Die Kommissionen B&Q beobachten Entwicklungen, die Anpassungen an den Bildungserlassen und Umsetzungsinstrumenten einer beruflichen Grundbildung erfordern. Sie überprüfen die Bildungsverordnung und den Bildungsplan sowie deren Umsetzung regelmässig und empfehlen notwendige Anpassungen bei der Trägerschaft. Sie nehmen zudem Stellung zu den Instrumenten zum Sicherstellen und Umsetzen der beruflichen Grundbildung sowie zur Förderung der Qualität.
Der Konsens der drei Verbundpartner wird angestrebt.
Konsens in der Berufsentwicklung
In den Kommissionen B&Q wird der Konsens der drei Verbundpartner angestrebt. Es ist daher entscheidend, dass die delegierten Personen vor der Sitzung ihre Positionen, Haltungen und das Verhandlungsmandat klären und sie diese in den Kommissionen B&Q vertreten. Bei den Diskussionen innerhalb der Kommissionen B&Q werden die Argumente aller Verbundpartner angehört und berücksichtigt. Die Entscheide werden dokumentiert und von allen getragen. Unklare Punkte werden benannt und anschliessend abgeklärt.
Wird kein Konsens gefunden, eskalieren die Vertreterinnen und Vertreter der Verbundpartner in Absprache mit den Kommissionen B&Q zu den delegierenden Organisationen. Sollte erneut kein Konsens gefunden werden, wird das SBFI nach Anhörung und Berücksichtigung des Gesamtnutzens einen Entscheid treffen.